Engagement der Malteser im jüngsten Staat der Welt

Gemeinsam für den Südsudan – Eindrücke und Hintergründe der Projektreise des Malteser Hilfsdienst e.V. in der Erzdiözese Köln. 

Familie Kush vor ihrem TukulNach 40 Jahren Bürgerkrieg hat sich das afrikanische Land Südsudan am 9. Juli 2011 für unabhängig erklärt. Nach vier Jahrzehnten blutiger Auseinandersetzungen im Kampf um Land, Vieh und Öl liegt die Bevölkerung in vollkommener, materieller Armut und kämpft buchstäblich Tag für Tag um das Überleben. Aktuelle Kämpfe im Norden des Landes lassen die Angst eines neuen Krieges wieder anschwellen.

Vor wenigen Wochen reiste eine Delegation des Malteser Hilfsdienst e.V. aus dem Erzbistum Köln in den Südsudan, um Projekte, die auch aus Mitteln der Malteser Köln unterstützt werden, zu besichtigen. 

Mit dem Jeep von Malteser International geht es von der Stadt Rumbek 20 Kilometer landeinwärts. Vorbei an den typisch runden Lehm- und Bambushütten (Tukuls) der Einheimischen, hier und dort eine Schaf- und Rinderherde. Kinder und Jugendliche freuen sich, uns zu sehen, und winken dem schnell vorbeifahrenden Auto zu. 

Und dann wird es leise und wir sind gespannt, was uns erwartet. Der Jeep, der vom ortskundigen Malteser Mitarbeiter Julio gekonnt gesteuert wird, biegt von der sandigen Hauptstraße rechts in einen kleinen Feldweg ab – in die Lepra-Kolonie.

  • Lepra, uralte Geißel der Menschheit

Lepra ist eine der ältesten, beschriebenen Krankheiten in der Geschichte der Menschheit. Die auch als Aussatz bekannte Krankheit findet bereits im Alten Testament Erwähnung. Ausgestoßen und damit als unrein stigmatisiert in den Augen der Gesellschaft. Aber Jesus geht zu diesen Menschen, spricht mit ihnen und heilt sie. Einfacher Dreisatz. Dass es in unserer scheinbar aufgeklärten Welt heute noch Dörfer der ausgestoßenen Lepra-Kranken gibt, ist der mangelnden Aufklärung und fehlender medizinischer Versorgung geschuldet.

Mit einer großen Gastfreundschaft kommen die Bewohner der Lepra-Kolonie auf uns zu. Wir reichen einander die Hand und begrüßen uns herzlich. Nach und nach kommen weitere Dorfbewohner auf uns zu. Plötzlich stehen wir in einer Menschentraube und die Einheimischen führen uns an unsere Plätze. Schnell kommen wir mit unseren Mitmenschen ins Gespräch über ihre Herausforderungen und Probleme mit der Krankheit im Alltag.

  • 80 Familien stigmatisiert und ausgegrenzt

Die 80 Familien der Lepra-Kolonie sind teilweise generationsbedingt bereits ihr Leben lang von der Gesamtbevölkerung isoliert. Durch die deutlich sichtbaren Stigmata – wie den fehlenden Gliedmaßen oder die Folgeerkrankungen wie z.B. chronische Wunden – werden die Menschen kaum einen Rückweg in die Gesellschaft finden. Dabei ist Lepra mit entsprechender Behandlung nicht ansteckend und sogar heilbar.

Wir lernen das Schicksal und die Zuversicht von Familie Kush kennen. Ihre vier gesunden Kinder Benjamin, Jaqueline, Gabriel und Joll sind der ganze Stolz von Vater Isiei (80) und Mutter Elisabeth (30). Zusammen leben sie in einem der kleinen, runden Turkuls. Nur drei Decken auf dem Boden und ein leerer Topf in der Mitte der Hütte. „Das ist alles, was wir besitzen“, so der Vater, der seit 1942 in der Kolonie lebt. Isiei ist seit einigen Jahren das geistliche Oberhaupt der Kolonie. Sein Wort hat Gewicht, wenn es um Entscheidungen geht. Mit großem Stolz zeigt er uns die Dorfkirche. Eine Hütte mit 40 qm – einfach, aber liebevoll mit großem Kreuz und kleinen Kreuzwegstationen ausgestattet

Durch die Lepra-Erkrankung verlor Isiei schon früh Teile seiner zehn Finger. Auf dem Feld mit anpacken oder andere Arbeiten im Dorf erledigen sei durch seine Behinderung nicht machbar. „Ich kann nicht für den Unterhalt und die Zukunft meiner Kinder sorgen. Mein ältester Sohn (12) geht zur Schule zum ´intelligent werden` und soll es später besser haben als meine Frau und ich“, sagt er leicht beschämt. Die Schule ist 15 Kilometer von der Lepra-Kolonie entfernt. „15 Kilometer hin und abends die gleiche Strecke zurück“, berichtet er stolz von seinem Sohn. 30 Kilometer – oftmals barfuss über die Staubwege mit fehlendem Schuhwerk.

  • Südsudan weit hinten

Die Vereinten Nationen stellen jährlich einen Wohlstandsindex für alle Länder unserer Erde auf. Bei der Auflistung wird deutlich, in welchem absoluten Wohlstand wir in Deutschland leben. Die Bundesrepublik liegt im Ländervergleich auf Rang 6. Weit hinten – und damit weiterhin für die vielen Hilfsorganisationen im Land eine Herausforderung – der Sudan auf Platz 169. Nur gemeinsam können wir dem Südsudan mit seinen Problemen und Herausforderungen zur Seite stehen.

Ähnliche Schicksale wie von Familie Kush treffen wir noch viele Male auf unserer kurzen Reise an. Menschen, die weder Hab noch Gut besitzen, Kinder, die krank, verlassen und einsam am Straßenrand den Tag verbringen, und ein Land, das scheinbar starr vom Krieg ruht.

Auch in Zukunft wird der Malteser Hilfsdienst e.V. in der Erzdiözese Köln aktiv an der Seite der Menschen im Südsudan bleiben. Getreu unserem Motto „Weil Nähe zählt“ sehen wir es als unsere Aufgabe an, elementar aus dem  Glauben heraus da zu helfen, wo die Not am Mitmenschen am größten ist. Mit nur 20 Euro können 10 Kinder lebensnotwendig gegen Polio, Diphterie und Tetanus geimpft werden. Helfen und unterstützen auch Sie die Arbeit der Malteser im Südsudan mit Ihrer Spende – denn nur so kann Malteser International die Familien in der Lepra-Kolonie auch weiterhin tatkräftig unterstützen. 

Wir brauchen Deine Unterstützung!

Spendenkonto:

Konto: 100 10 10 33, BLZ: 370 601 93, Pax-Bank eG

Stichwort: Südsudan

Wovon unser Herz voll ist – Zurück in Deutschland

Nach sieben sehr spannenden und sicherlich auch erlebnisreichen Tagen sind wir alle wohlbehalten in Deutschland angekommen.

Was bleibt?

Der weltweit jüngste Staat ist uns in den kurzen Begegnungen ans Herz gewachsen. Seit dem vergangenen Jahr ist der Südsudan ein unabhängiger Staat auf dem afrikanischen Kontinent. Große, weiße Werbeplakate zwischen ärmlichen Holzhütten und einer Menge Müll weisen triumphierend auf den neuen Staat hin. Diese Unabhängigkeit haben sich die Einheimischen hart erringen müssen. Von 1972 bis 1983 und von 2005 bis 2011 war der jetzige Staat eine autonome Region innerhalb des Sudans. Seit der Unabhängigkeit gibt es vor allem im Norden Stammeskriege um Land und Vieh. Wir sind in einem Radiointerview gefragt worden, was die Regierung tun muss, damit das Land zukunftsfähig wird. „Ein Zusammenspiel zwischen Regierung und den im Land befindlichen Hilfsorganisationen muss auf Dauer ausgebaut werden. Teilweise bringen die Organisationen, wie Malteser International, bereits große Auslandserfahrungen mit, von denen andere Länder profitieren können“, so Daniel Könen. Das etwas passieren muss ist klar, angesichts der Armut der Menschen. An vielen Stationen und vor allem bei unserem Besuch in der Lepra-Kolonie trafen wir auf Menschen, die sowohl an Krankheiten litten als auch unternährt waren. „Mir ist vor allem der 4-jährige Junge aus der Kolonie im Gedächtnis haften geblieben. Durch seinen gewölbten Bauch konnte man erkennen, dass er an dem hier typischen Kwashiokor (Hungerödem) litt“, so Dirk Büttgen. Gerade in der Lepra-Kolonie war die geballte Armut sichtbar. Wie das Wort Kolonie ausdrückt, ist hier ein Stamm zusammen gekommen, um gemeinsam zu leben und zu arbeiten – jedoch hier nicht freiwillig. Verbannt durch die ansteckende Lepra-Krankheit leben die ca. 70 Familien weit ab der nächst größeren Stadt Rumbek. „Was uns hier im Dorf trägt, ist unser Glaube an Jesus Christus und die Kraft, die er uns schenkt“ so das geistliche Oberhaupt Mr. Kush. Dieser Glaube und diese Zuversicht, die uns oftmals in unseren kleinen Nöten fehlt, spricht hier mit großen Worten. Mit Stolz zeigt Mr. Kush uns die neue Kirche der Kolonie. Andächtig betet er vor und seine Kinder sprechen ihm nach – beeindruckend diese Frömmigkeit in der totalen Armut. Mr. Kush fehlen alle 10 Finger, verstümmelt durch die Lepra. „Mit dieser starken Behinderung kann ich nicht mehr auf dem Feld arbeiten und so für den Unterhalt sorgen. Meine vier Kinder sollen es später besser haben“ so Kush. Die Schule liegt nicht um die Ecke, ein Weg erfordert einen Marsch von 15 km (2 Stunden) auf den staubigen und dreckigen Straßen. Die Lepra-Kolonie wird auch durch das Engagement der Malteser im Erzbistum Köln unterstützt. „Hilfe zur Selbsthilfe ist hier an der Tagesordnung. Die südsudanesischen Malteser Mitarbeiter sorgen dafür, dass die Menschen in der Kolonie ausreichen Material zum Überleben bekommen“, so Matthias Heiden. In Zukunft wird eine medizinische Anlaufstelle in der Kolonie errichtet. Nun sich wir wieder zu Hause und sicherlich auch etwas froh über unseren Lebensstandard – vielleicht schätzen wir ihn jetzt noch mehr!

Was bleibt also nun von der Reise?

Wir kommen zurück in unseren Alltag und wollen dennoch unser Engagement für die Menschen – unsere neuen Freunde – im Südsudan intensivieren. Wir freuen uns, wenn ihr uns dabei unterstützt. Wie? Ladet uns ein und wir berichten euch, wovon unser Herz voll ist.

–> Danke für Eure Begleitung in den letzen Tagen! Das hat uns auch Kraft und Mut gegeben.